Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen! Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee, mit rotgefrorenem Näschen. Die kleinen Hände taten ihm weh, denn es trug einen Sack, der war gar schwer, schleppte und polterte hinter ihm her.
Was drin war, möchtet ihr wissen? Ihre Naseweis, ihr Schelmenpack – denkt ihr, er wäre offen der Sack? Zugebunden bis oben hin! Doch war gewiss etwas Schönes drin! Es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus, klopft seine lange Pfeife aus und sagt zur heiligen Kathrein: Öl mir die Wasserstiefel ein, bitte hol auch den Knotenstock vom Boden und den Fuchspelzrock, die Mütze lege oben drauf, und schütte dem Esel tüchtig auf, halt auch sein Sattelzeug bereit; wir reisen, es ist Weihnachtszeit. Und dass ich`s nicht vergeß, ein Loch ist vorn im Sack, das stopfe noch! Ich geh derweil zu Gottes Sohn und hol mir meine Instruktion.
Die heilige Käthe, sanft und still, tut alles, was Sankt Niklas will. Der klopft indes beim Herrgott an, Sankt Peter hat ihm aufgetan und fragt: Grüß Gott! wie schaut`s denn aus? und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.
Da sitzen die Englein an langen Tischen, ab und zu Feen dazwischen, die den kleinsten zeigen, wie`s zu machen, und weben und kleben die niedlichsten Sachen, hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern, fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern, packen die Schachteln, binden sie zu und haben so glühende Bäckchen wie Du. Herr Jesus sitzt an einem Pult und schreibt mit Liebe und Geduld eine lange Liste. Potz Element, wie viel artige Kinder Herr Jesus kennt! Die sollen die schönen Engelsgaben zu Weihnachten haben.
Was fertig ist, wird eingesackt und auf das Eselchen gepackt. Sankt Niklas zieht sich recht warm an; Kinder, er ist ein alter Mann, und es fängt tüchtig an zu schnein, da muss er schon vorsichtig sein.
So geht es durch die Wälder im Schritt, manch Tannenbäumchen nimmt er mit; und wo er wandert, bleibt im Schnee manch Futterkörnchen für Hase und Reh. Aus Haus und Hütte strahlt es hell, da hebt er dem Esel den Sack vom Fell, macht leise alle Türen auf, jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf: Sankt Niklas, Sankt Niklas, was hast du gebracht? was haben die Englein für uns gemacht? „Schön Ding, gut Ding, aus dem himmlischen Haus; langt in den Sack! Holt euch was raus!“
Ein Glückwunsch ging ins neue Jahr, Ins Heute aus dem Gestern. Man hörte ihn sylvestern. Er war sich aber selbst nicht klar, Wie eigentlich sein Hergang war Und ob ihn die Vergangenheit Bewegte oder neue Zeit. Doch brachte er sich dar, und zwar Undeutlich und verlegen.
Weil man ihn nicht so ganz verstand, So drückte man sich froh die Hand Und nahm ihn gern entgegen.
Es war einmal ein Tännelein mit braunen Kuchenherzlein und Glitzergold und Äpflein fein und vielen bunten Kerzlein: Das war am Weihnachtsfest so grün als fing es eben an zu blühn. Doch nach nicht gar zu langer Zeit, da stands im Garten unten, und seine ganze Herrlichkeit war, ach, dahingeschwunden. Die grünen Nadeln war’n verdorrt, die Herzlein und die Kerzlein fort. Bis eines Tags der Gärtner kam, den fror zu Haus im Dunkeln, und es in seinen Ofen nahm – Hei! Tat`s da sprühn und funkeln! Und flammte jubelnd himmelwärts in hundert Flämmlein an Gottes Herz.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 – 1874)
Adventskalender 2022
Türchen 19
Keine Puppe will ich haben – Puppen gehn mich gar nichts an. Was erfreun mich kann und laben, ist ein Honigkuchenmann, so ein Mann mit Leib und Kleid durch und durch von Süßigkeit.
Stattlicher als eine Puppe sieht ein Honigkerl sich an, eine ganze Puppengruppe mich nicht so erfreuen kann. Aber seh´ich recht dich an, dauerst du mich, lieber Mann.
Denn du bist zum Tod erkoren – bin ich dir auch noch so gut, ob du hast ein Bein verloren, ob das andre weh dir tut: Armer Honigkuchenmann, hilft dir nichts, du musst doch dran!
Kinder, kommt und ratet, was im Ofen bratet! Hört, wies knallt und zischt. Bald wird er aufgetischt, der Zipfel, der Zapfel, der Kipfel, der Kapfel, der gelbrote Apfel.
Kinder, lauft schneller, holt einen Teller, holt eine Gabel! Sperrt auf den Schnabel Für den Zipfel, der Zapfel, den Kipfel, den Kapfel, den goldbraunen Apfel.
Sie pusten und prusten, sie gucken und schlucken, sie schnalzen und schmecken, sie lecken und schlecken den Zipfel, den Zapfel, den Kipfel, den Kapfel, den knusprigen Apfel.
Ein Nagel saß in einem Stück Holz. Der war auf seine Gattin sehr stolz. Die trug eine goldene Haube Und war eine Messingschraube.
Sie war etwas locker und etwas verschraubt, Sowohl in der Liebe, als auch überhaupt. Sie liebte ein Häkchen und traf sich mit ihm In einem Astloch. Sie wurden intim.
Kurz, eines Tages entfernten sie sich Und ließen den armen Nagel im Stich. Der arme Nagel bog sich vor Schmerz.
Noch niemals hatte sein eisernes Herz So bittere Leiden gekostet. Bald war er beinah verrostet.
Da aber kehrte sein früheres Glück, Die alte Schraube, wieder zurück. Sie glänzte übers ganze Gesicht. Ja, alte Liebe, die rostet nicht!
Es war einmal ein Pfefferkuchenmann, von Wuchse, groß und mächtig, und was seinen innern Wert betraf, so sagte der Bäcker: „Prächtig“.
Auf dieses glänzende Zeugnis hin erstand ihn der Onkel Heller und stellte ihn seinem Patenkind, dem Fritz, auf den Weihnachtsteller.
Doch kaum war mit dem Pfefferkuchenmann der Fritz ins Gespräch gekommen, da hatte er schon – aus Höflichkeit – die Mütze ihm abgenommen.
Als schlafen ging der Pfefferkuchenmann, da bog er sich krumm vor Schmerze: an der linken Seite fehlte fast ganz sein stolzes Rosinenherze!
Als Fritz tags drauf den Pfefferkuchenmann besuchte, ganz früh und alleine, da fehlten, o Schreck, dem armen Kerl ein Arm schon und beide Beine!
Und wo einst saß am Pfefferkuchenmann die mächtige Habichtsnase, da war ein Loch! Und er weinte still eine bräunliche Sirupblase.
Von nun an nahm der Pfefferkuchenmann ein reißendes, schreckliches Ende: Das letzte Stückchen kam schließlich durch Tausch in Schwester Margeretchens Hände.
Die kochte als sorgfältige Hausfrau draus für ihre hungrige Puppe auf ihrem neuen Spiritusherd eine kräftige, leckere Suppe.
Und das geschah dem Pfefferkuchenmann, den einst so viele bewundert in seiner Schönheit bei Bäcker Schmidt, im Jahre neunzehnhundert.